Sorge um die Wahrheit – Galileo Galilei – Atlas Liberty Forum 2026 in Berlin – Überregulierung
- by Ricardo
Ein Bonmot besagt, dass die Wahrheit im Krieg zuerst stirbt. Sollte diese Redensart auf breiter Front Realität werden, steht es schlecht um jede Demokratie. Denn Lüge erlebt in der Gegenwart wie kaum in früheren Zeiten Konjunktur.
ANSICHT

Was uns bewegt
Ein Bonmot besagt, dass die Wahrheit im Krieg zuerst stirbt. Sollte diese Redensart auf breiter Front Realität werden, steht es schlecht um jede Demokratie. Denn Lüge erlebt in der Gegenwart wie kaum in früheren Zeiten Konjunktur. Über drei Jahre lang verbreiteten Coronaleugner weltweit ihre eigenen „Wahrheiten“ über das Virus – das gar keins sei und schon gar nicht gefährlich. Und seit dem 24. Februar 2022 will uns Wladimir Putin weismachen, dass sein brutaler Krieg gegen die Ukraine gar kein Krieg sei – und keinesfalls Krieg genannt werden darf. Weitere Beispiele gefällig?
Das Lügen in Diktaturen hat Tradition. Dabei haben sich zwei besonders perfide politische Lügen in die deutsche Geschichte eingebrannt. Am 1. September 1939 rechtfertigte Adolf Hitler vor dem Deutschen Reichstag den Überfall des Deutschen Reiches auf Polen mit einem angeblichen polnischen Angriff auf den Sender Gleiwitz in Schlesien. „Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen“, log Hitler dreist und warf seinerseits den Polen Lügen vor. 22 Jahre später log DDR-Staatschef Walter Ulbricht offen auf einer Pressekonferenz am 5. Juni 1961: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“. Zwei Monate danach wurde die Mauer gebaut. Noch einmal fast 65 Jahre später treten die Lügen unserer Zeit mal offen und unverblümt, mal subtil und geschmeidig in Erscheinung – weltweit verbreitet und binnen kürzester Zeit viral gegangen. Sie nähren sich von Stammtischparolen, populistischen Slogans und zunehmend auch von professionell gesteuerten Desinformationskampagnen, die von bezahlten Trollen oder automatisierten Bots betrieben werden. Sie schüren Hass und Hetze, tarnen sich als scheinbar seriöse Statistiken, agitieren offen gegen die Wahrheit, erzeugen Wutbürger und Wutbürgerinnen und säen Misstrauen, indem sie Fakten zu „Fake News“ erklären und Falschaussagen als Wahrheit verkaufen. Auf diese Weise schaffen Lügen eine Realität, in der Feindbilder wachsen, Gewalt gerechtfertigt wird und selbst der Krieg unausweichlich erscheint – nicht nur in Diktaturen, sondern inmitten liberaler Gesellschaften.
Als Jesus von Nazareth im Verhör des römischen Prokurators bekannte: „Ich bin dazu in die Welt gekommen, um von der Wahrheit Zeugnis abzulegen“, antwortete Pilatus: „Was ist Wahrheit?“ Seit jeher treibt Menschen die ehrliche Frage nach der Wahrheit um. Und gewiss kann diese nicht immer so leicht beantwortet werden wie jene, die nach den Errungenschaften der kommunistischen Planungsideologie fragt. Doch im Angesicht wachsender Bedrohungen der Wahrheit durch die Populisten, Demagogen und geistigen Brandstifter unserer Zeit hätte Pilatus fast 2.000 Jahre später womöglich eine Antwort wie diese bekommen: „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“ (Bertold Brecht)
AUSBLICK

Was uns interessiert
Apropos Brecht. Passend zum Thema empfehle ich sein Werk „Leben des Galilei“ – ein eindrucksvolles Drama über Wahrheit, Verantwortung und die Spannungen zwischen Wissenschaft und Macht. Im Zentrum steht der Physiker und Astronom Galileo Galilei, dessen Entdeckungen das herrschende Weltbild infrage stellen – und der dafür mit Repression und persönlicher Zerrissenheit konfrontiert wird. Die klare Sprache und die präzise Zuspitzung der Szenen sind typisch für Brechts episches Theater, das nicht nur unterhalten, sondern zum Nachdenken und Hinterfragen anregen will. In seinem unverkennbaren Stil porträtiert er Galilei dabei nicht als unfehlbaren Helden, sondern als menschliche Figur mit Stärken und Schwächen, die sich im Spannungsfeld grundlegender zeitgenössischer Fragen bewegt – die Rolle von Wissenschaft in der Gesellschaft, Zivilcourage und die Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Wahrheit. Besonders in Zeiten, in denen Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse wieder zunehmend angezweifelt werden, hat dieses Stück nichts von seiner Relevanz verloren und ist jedem wärmstens ans Herz gelegt, der die Wahrheit dem Menschen für zumutbar hält.
MITSTREITER

Was andere machen
Am Dienstag den 3. Juni kann man in der Online-Reihe „Junge Wirtschaftsperpsektive“ der Friedrich-Naumann-Stiftung zwei Stimmen aus dem Prometheus-Kosmos zum Thema Regulierung und Bürokratie hören: Juan De Dios Hanke-Estevez, im Jahr 2018 Praktikant für drei Monate, im vergangenen Jahr Research Fellow und ein häufiger und gern gesehener Gast, und unseren Research Associate Max Molden.