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Posterboy Milei – ævum – Richard Herzinger – Open Axis – polyzentrische Umweltpolitik

Personenkult steht uns nicht gut zu Gesicht, weil wir um die Begrenztheit des Menschen und vor allem auch um die Gefahren der Politik und der Macht im Allgemeinen wissen. Anstatt Milei jetzt zu einem liberalen Posterboy zu machen, sollten wir viel mehr die Bürgerinnen und Bürger Argentiniens feiern und ermutigen. Am Ende ist es ihr Mut, der darüber entscheiden wird, ob Argentinien sich wieder auf den Weg zu altbekannter Stärke machen wird.

ANSICHT

Photo: Wikimedia (CC BY 2.5 AR)

Bloß nicht in den Schuhen von Evita

Die argentinischen Wähler haben ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt bei den Zwischenwahlen: trotz der wirtschaftlichen Härten und trotz eines handfesten Skandals hat ein erheblicher Teil von ihnen Javier Milei den Rücken gestärkt. Als Liberaler darf man den Hut ziehen vor Argentiniens ranghöchstem Nerd und natürlich auch vor den Bürgerinnen und Bürgern, die den Mut zu echten Reformen aufbringen. Gerade diese sind bei dem ganzen Spiel allerdings von entscheidender Bedeutung. Die Leidensbereitschaft und Geduld der Argentinier ist die Grundlage dafür, dass das Land das weltweit eindrucksvollste marktwirtschaftliche Reformexperiment der letzten Jahrzehnte wagt. Ohne diesen Rückhalt wäre auch Milei aufgeschmissen. (Wie sehr es genau darauf ankommt, kann man an Wählerpräferenzen im eigenen Land oder in Frankreich bestens sehen, wo nationale Wahlen ausschließlich mittels des potemkinschen Rentenfüllhorns gewonnen werden.)

Bei aller Freude über die, im besten Sinne des Wortes, radikalliberalen Ideen und Politikansätze von Milei sollten Liberale freilich Acht geben, dass sie ihn nicht zu einer libertären Version von Evita Perón werden lassen. Personenkult steht uns nicht gut zu Gesicht, weil wir um die Begrenztheit des Menschen und vor allem auch um die Gefahren der Politik und der Macht im Allgemeinen wissen. Anstatt Milei jetzt zu einem liberalen Posterboy zu machen, sollten wir viel mehr die Bürgerinnen und Bürger Argentiniens feiern und ermutigen. Am Ende ist es ihr Mut, sich auf die Härten der Reform einzulassen und die Chancen des Neubeginns unternehmerisch zu nutzen, die darüber entscheiden werden, ob Argentinien sich wieder auf den Weg zu altbekannter Stärke machen wird. Wenn wir dann in 20, 30 Jahren zurückblicken und sehen, welchen Anteil der bemerkenswerte Professor im Präsidentenpalast an der Zukunft Argentiniens hatte, dann kann man ihm vielleicht dankbar auf die Schulter klopfen, wenn das Denkmal enthüllt wird, auf dem Bürger Argentiniens zu sehen sind, die ein Transparent halten, auf dem steht: „¡Viva la libertad, carajo!“

AUSBLICK

ævum

Vor wenigen Tagen ist ein neuer Stern aufgegangen am Himmel der liberalen Publizistik. Und die Beschäftigung mit diesem Stern hat das Zeug, neue Perspektiven zu bieten und den Horizont zu erweitern. Denn mit dem Magazin ævum werden Fragen auf einer Ebene adressiert, wo sie langfristig Wirkung entfalten können. Was das – mir persönlich schon lange vertraute und liebe – Herausgeber-Quartett aus Marius Drozdzewski, Sven Gerst, Nikolai Ott und Alexander Schwitteck auszeichnet, ist deren Bereitschaft, gedanklich an der Bedeutung von Freiheit morgen zu tüfteln, anstatt nur in den Mottenkisten von vorgestern herumzukramen. Sie stellen sich mit dem Projekt den und dem Anspruch: „Dieses Magazin will Partei ergreifen für einen Liberalismus, der lebt, weil er sich wandelt – und der nur Bestand hat, wenn er sich immer wieder neu begründet.“ Richtig so! Lern- und Verbesserungsbereitschaft gehören zu den Kernwerten des Liberalismus. Ich freue mich sehr auf die vielen neuen Impulse, die hier von exzellenten Nachwuchstalenten als kluge und freundliche Stachel in das Fleisch eines siechenden Liberalismus gesetzt werden. Und übrigens auch: wie schön, wenn Leute sich einfach mal auf den Hosenboden setzen und etwas machen! Danke sehr Euch vieren!

WELTBEWEGER

Photo: herzinger.org

Richard Herzinger

Ein Mann mit einer Vision. Ein einsamer Rufer in der Wüste. Ein knochig-kauziger Idealist. Der vor zwei Wochen mit nicht einmal 70 Jahren verstorbene Richard Herzinger (1955-2025) war im freiheitsliebenden Umfeld eine Ausnahmegestalt. Anders als vielen sich selbst als liberal bezeichnenden öffentlichen Personen seiner Generation war ihm nicht am Applaus der Feuilletons und Talkshowgäste gelegen. Herzingers Verständnis von Freiheit hatte nichts mit dem weichgespülten Salonliberalismus samtpfotiger Karrierefunktionäre zu tun. Sein Verständnis von Freiheit kam aus einem brennenden, oft rasenden Herz, das wachrütteln wollte, ohne Rücksicht auf die Mächtigen und Wichtigen.

Während diese Gestalten der Gegenwart sind, denen heute Ansehen und Erfolg vergönnt sein mögen, sind Personen wie Herzinger Gestalten der Geschichte, auf die künftige Generationen mit Respekt, mitunter Ehrfurcht, zurückblicken werden. Schon 1995 verfasste dieser hellsichtige Sonderling zusammen mit Hannes Stein ein Buch mit dem Titel „Endzeit-Propheten oder Die Offensive der Antiwestler: Fundamentalismus, Antiamerikanismus und Neue Rechte“. Wir bräuchten dringend mehr solche rücksichtslosen Gestalten der Geschichte, die uns daran erinnern, wo der moralische Kompass hindeutet; oder in der Diktion des Jiddischen, einer Kultur, die ihm immer nahe war: Wir brauchen mehr Personen, die ein „Mensch“ sind. In einer von Innen und Außen so massiv bedrohten freien Welt sind solche „Menschen“ von zentraler Bedeutung.

In einem sehr rührenden, treffenden und unbedingt lesenswerten Nachruf hat der Schriftsteller und Freiheitsliebhaber Marko Martin auf den Punkt gebracht, welch wichtige Funktion Herzinger übernommen hatte: „Richard Herzinger fehlt jedoch auch deshalb, weil er ein ebenso feines Gespür für jene hatte, die den unschätzbaren Wert der Freiheit zur billigen Travestie herabwürdigen – von Trump und Musk abwärts bis zu jenen lächerlich-forschen Berufsjugendlichen in den Medien und deren sozialdarwinistischem ‚Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht‘.“

MITSTREITER

Open Axis feuert weiter

Vor zwei Monaten gestartet, haben die Presenter von Open Axis inzwischen etliche Videos vorgelegt. So ergibt sich jetzt ein immer klareres Bild, welchen Tonfall und welche inhaltlichen Schwerpunkte die einzelnen Persönlichkeiten so haben. Einfach nochmal reinschauen und herausfinden, mit welchen Hosts man am besten harmoniert – vielleicht ja sogar mit allen vieren?

Heimat der Freiheit

Ordo-Beitrag von Max Molden und Justus Enninga

In der neusten Ausgabe der altehrwürdigen Zeitschrift Ordo, vor 77 Jahren von Walter Eucken und Franz Böhm ins Leben gerufen, haben unsere lieben Kollegen Max Molden und Justus Enninga einen Beitrag zu liberaler Umweltpolitik geschrieben. Dabei beziehen sie sich in der Analyse auf das Konzept der „robust political economy“, das ihr Londoner Professor Mark Pennington entwickelt hat, um politische Theorie an die Realität menschlicher Schwächen und Irrationalitäten anzupassen. Mit Blick auf freiheitskompatible Antworten schließen sie sich an die bedeutende Ökonomin Elinor Ostrom und ihre Forschung zum Erfolg polyzentrischer Lösungen an.