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Justus Enningas neue Aufgabe – Lily Ebert – Zeitkritik von Karl Jaspers – Extinction Rebellion

Die jüngst vergangene Weihnachtszeit gilt bekanntlich als die Zeit der Besinnlichkeit. Auf ihre eigene Art und Weise besonnen zu haben scheint sich auch eine Gruppierung, die im Jahr 2024 von der großen Bühne des Asphalts in die Hinterköpfe der Menschen verschwunden ist. Frei nach dem Motto „Nomen est omen“ hat die sogenannte Letzte Generation im Kampf für einen politischen Turnaround in der Klimapolitik zwei Jahre lang Straßen blockiert, Flughäfen gestürmt, Gebäude beschmiert…

ANSICHT

Was uns bewegt

Die jüngst vergangene Weihnachtszeit gilt bekanntlich als die Zeit der Besinnlichkeit. Auf ihre eigene Art und Weise besonnen zu haben scheint sich auch eine Gruppierung, die im Jahr 2024 von der großen Bühne des Asphalts in die Hinterköpfe der Menschen verschwunden ist. Frei nach dem Motto „Nomen est omen“ hat die sogenannte Letzte Generation im Kampf für einen politischen Turnaround in der Klimapolitik zwei Jahre lang Straßen blockiert, Flughäfen gestürmt, Gebäude beschmiert – und verabschiedet sich fortan von ihrem dystopisch anmutenden Namen. Gleichbedeutend mit der Auflösung der Gruppierung ist dieser Sinneswandel jedoch nicht.
Carla Hinrichs, Klimaaktivistin und Sprecherin der Gruppe, kündigte jedenfalls in einem kürzlich erschienenen Spiegel-Interview Großes an. Aus den Strukturen der „Letzten Generation“ solle eine Massenbewegung entstehen, die eine neue Form von Anpassungsfähigkeit und Zusammenhalt in der Gesellschaft verankert; und damit den Klimaschutz anschlussfähiger macht. Ein hehres Ziel, wenn man bedenkt, wie die Blockaden und Klebeaktionen der „Letzten Generation“ die Bevölkerung gespalten haben – und damit dem globalen Kampf gegen den Klimawandel gewiss nicht immer zuträglich waren. Von Einsicht oder gar Besinnung fehlt jedoch bei Hinrichs jede Spur. Vielmehr wolle man sich mit dem Ablegen des Namens in die aktuellen Begebenheiten einfügen. Stichwort Anpassungsfähigkeit. Was auch immer das bedeuten mag. Man kann getrost davon ausgehen, dass es der Gruppierung, unabhängig ihres Namens, an einer echten Vision für einen gesellschaftlichen Wandel fehlen wird. Ein Grund: Ihr unerschütterlicher Glaube an die Macht des Staates. Dabei fehlt es unserem Land doch gerade an jungen Visionären, welche die drängendsten Probleme unserer Zeit selbst anpacken, um institutionellen Wandel von innen heraus zu gestalten. Mit Entschlossenheit. Mit Klarheit. Für den Fortschritt.
Die Menschen brauchen kein Correctiv. Sie brauchen Mutmacher. Und genau das sollten wir uns für das neue Jahr als Vorbild nehmen. Frei nach Mahatma Gandhi, man solle selbst die Veränderung sein, die man sich für diese Welt wünscht. Lassen Sie uns das neue Jahr beginnen mit Optimismus statt Schwarzmalerei, mit Eigenverantwortlichkeit statt Abhängigkeit, mit mehr Unternehmergeist statt mehr Staatlichkeit. Unsere Gesellschaft ist heute mehr denn je darauf angewiesen.

AUSBLICK

Was uns interessiert

Apropos Gesellschaft. Hier empfehle ich mit dem 1931 erschienenen Buch „Die geistige Situation der Zeit“ das wohl populärste Werk des deutschen Philosophen Karl Theodor Jaspers. In seiner Niederschrift beleuchtet Jaspers die moderne Gesellschaft und den Massenmenschen im Lichte einer Rationalisierung und Universalisierung der Daseinsordnung. Was in Jahrtausenden die Welt der Menschen war, scheint heute zusammenzubrechen. Längst hat sich der Mensch dem blinden Fortschrittsgedanken verschrieben. In einer Zeit, in der Funktionalität, wirtschaftlicher Erfolg und Bedarfsbefriedigung im Vordergrund stehen, scheint der Mensch allein darin aufzugehen, was nur Mittel, nicht Zweck, geschweige denn Sinn sein sollte. Ein Leben im Apparat der Nützlichkeit, das zwar materiell abgesichert, jedoch auf die Trivialität des Genießens reduziert ist. Eigenes Denken und Handeln wird für große Teile der Gesellschaft zur blanken Zumutung.
Es ist die große Leistung Jaspers, vor dem Hintergrund der anonymen Massengesellschaft eine Philosophie zu lancieren, die beim Individuum ansetzt und zum Wir übergeht. Obschon Anfang der 1930er-Jahre und damit inmitten des beginnenden Aufstiegs des Nationalsozialismus in Deutschland entstanden, reicht Jaspers scharfsinnige Zeitdiagnose bis in die Gegenwart und sagt Einiges über die herrschenden Zustände im 21. Jahrhundert aus.
Notabene: Eine vergleichbare und gleichfalls empfehlenswerte zeitgenössische Kritik an der modernen Massengesellschaft äußert auch José Ortega y Gasset in seinem Werk „Der Aufstand der Massen“ – auch zu lesen in der Bibliothek des Liberalismus.

WELTBEWEGER

Wer etwas bewirkt

Was hat eine 100-jährige Dame mit TikTok am Hut? Man mag es kaum glauben, aber: Extrem viel. Ungeachtet der breiten Kritik an dem Videoportal des chinesischen Staatskonzerns ByteDance war Lily Ebert ein kleines Licht inmitten der Massen an Reels, Shorts und anderen Clips tanzender Mitglieder der GenZ und AfD-Postings. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt verfolgten die Videos der Holocaustzeitzeugin und ihres Urenkels Dov Forman, in denen sie Fragen zum Überleben in Auschwitz beantwortete.
Lily Ebert, gebürtig Lívia Engelman, wurde 1923 als ältestes von sechs Kindern einer jüdisch-orthodoxen Familie in der ungarischen Stadt Bonyád geboren. Im März 1944 besetzten die Nationalsozialisten das Land; Eberts Familie wurde nach Ausschwitz deportiert. Ihre Mutter und zwei ihrer Geschwister starben in den Gaskammern, während Ebert bis zur Befreiung durch die Alliierten in einer Leipziger Munitionsfabrik Zwangsarbeit verrichten musste. Nach dem Krieg wanderte sie zunächst nach Israel aus, gründete eine Familie und ließ sich 1968 in London nieder. Zeit ihres Lebens setzte sich Ebert ein für das Andenken der Holocaustüberlebenden – und gegen das Vergessen: Sie arbeitete mit verschiedenen Ministerien des Vereinigten Königreichs zusammen, verfasste mit ihrem autobiografischen Werk „Lily’s Promise: How I survived Auschwitz and Found the Strength to Live“ eines der meistverkauften Geschichtsbücher Waterstones und wurde 2023 von König Charles III. zum Member of the Order of the British Empire ernannt.
„Hello TikTok, Shabbat Shalom!“, hörte man sie noch im September fröhlich in die Kamera sagen. Eine Stimme, die ihre so wichtige Botschaft beharrlich und unbeirrt in der Welt verbreitete.
Lily Ebert starb am 09. Oktober 2024 in London. Ihre Stimme aber wird bleiben.

Heimat der Freiheit

Neuigkeiten von uns

Ein Ereignis im beginnenden Jahr macht uns ganz besonders stolz: Unser sehr lieber Kollege Justus Enninga, der in verschiedenen Funktionen seit fünf Jahren bei uns tätig war, nachdem er schon kurz nach der Gründung Praktikant bei uns war, hat seine neue Stelle angetreten als Chief of Staff von Mathias Döpfner, dem Vorstandsvorsitzenden von Axel Springer. Wir sind nicht nur sehr stolz auf ihn, sondern auch sehr froh, dass einer der führenden Medienunternehmer des Landes in einer Zeit des umfassenden Geschäftsumbaus sich dafür entschieden hat, einen so profilierten und prononcierten Liberalen wie „unseren Justus“ an seine Seite zu holen. Mit dem Video-Format „Markt x Moral“ bleibt er auch in unserem Kosmos weiter aktiv.