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Hekaton und Prometheus-Studio – Gespräche über Krieg – Ernest Hemingway – Liberale Sozialreformer – Steuerindex

Ich sitze mit einem Bekanntem am Sonntagnachmittag beim Kaffeetrinken, das Gespräch kommt auf die Nachrichten: Israel hat den Hamas-Anführer Yahya Sinwar getötet. Schon ist das Thema Krieg auf dem Tisch, gleich neben den Keksen. 
Ich sage, Israel müsse diesen Krieg führen und müsse siegen, das sei klar. Israel sei nicht schuld an diesem Krieg…

ANSICHT

Was uns bewegt

Ich sitze mit einem Bekanntem am Sonntagnachmittag beim Kaffeetrinken, das Gespräch kommt auf die Nachrichten: Israel hat den Hamas-Anführer Yahya Sinwar getötet. Schon ist das Thema Krieg auf dem Tisch, gleich neben den Keksen. 
Ich sage, Israel müsse diesen Krieg führen und müsse siegen, das sei klar. Israel sei nicht schuld an diesem Krieg, auch das sei klar. Aber ich sage auch, dass mir die Menschen in Gaza und im Libanon leidtun würden, genau wie mir die Menschen in Israel leidtun. Mein Bekannter antwortet nur: Ja, aber Israel habe keine Wahl. Punkt.
Gespräche über Krieg sind keine intellektuellen Debatten, die man gewinnt oder verliert, während man genüsslich Kaffee schlürft. Die Geschichte des aktuellen Krieges in Nahost ist lang und kompliziert, aber das darf nicht dazu führen, dass wir uns in den Gesprächen darüber nur noch darauf versteifen, wer recht und wer unrecht hat. Es gibt in diesem Krieg zwar zwei klare Fronten: islamistische Milizen, die ihre Heimatländer unterdrücken und Israel angreifen, und Israel, das sich seit dem 7. Oktober des letzten Jahres verteidigt. Aber das klingt mir zu kühl – so als säßen der israelische Premierminister Netanyahu und ein paar böse Terroristen vor einem Schachbrett und es ginge nur darum, wer besser spielt. 
Im Krieg geht es nicht nur um die Frage der Schuld, nicht nur um Strategie oder Propaganda – es geht immer um Menschenleben. Ich kann verstehen, wieso so viele Menschen wollen, dass die Zivilisten in Gaza und im Libanon wieder ohne die ständige Angst vor dem Tod leben können – das ist menschliche Empathie und es würde mir Sorge bereiten, wenn die ganze Welt aufhören würde, mit anderen Menschen mitzufühlen. Doch mit jemandem mitzufühlen ist kein Synonym für „seine Seite ergreifen“. 
Wir sollten wieder anfangen eine Ambiguitätstoleranz aufzubauen: Ich kann wissen, dass Israel sich rechtmäßig verteidigt und es nicht „einfach so“ Frieden geben kann und ich kann gleichzeitig mit all den Opfern des Krieges mitfühlen. Kannst Du das auch?

AUSBLICK

Was uns interessiert

Zwischen zwei Weltkriegen, als die Moderne ihren Triumph feierte und bevor es die Nationalsozialisten an die Macht schafften, ja, da gab es einen Augenblick in der Geschichte, in dem man wirklich frei fühlen konnte: Die „Goldenen Zwanziger“. Dieses Gefühl zieht sich zumindest durch Hemingways Memoiren.
Der Autor beschreibt in dem Buch sein Leben im Paris der 20er Jahre und seinen Weg zum Schriftsteller. Dabei begegnet er Gertrude Stein und ihrer Lebensgefährtin, bringt einem Bekannten Opium, fährt mit Scott Fitzgerald in einem kaputten Wagen durch Frankreich und lernt, anders zu schreiben als es die Schriftsteller vor ihm getan haben. Hemingway wollte mit dem Buch diese prägende Zeit einfangen und seine Freunde verewigen, aber er fängt damit auch einen Freiheitsgeist ein, der uns heute noch beflügeln kann.

WELTBEWEGER

Wer etwas bewirkt

Ich hätte nicht gedacht, dass ich in meiner Vorlesung zur Entwicklungspsychologie Bekanntschaft mit einem liberalen Reformer machen würde, aber als mein Professor erklärte, dass der 7. Earl of Shaftesbury, Anthony Ashley-Cooper (1801-1885), sich in den 1830ern in England gegen Kinderarbeit einsetzte, musste ich mir den Mann genauer anschauen. Und tatsächlich: Nicht nur setzte er sich gegen Kinderarbeit und für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen ein, er unterstützte auch stark die Gründung von sogenannten „Ragged Schools“, in denen arme Kinder unentgeltlich unterrichtet wurden, und war ein Gegner der Sklaverei.
Was heute für uns selbstverständlich ist, wurde alles einmal hart erkämpft. Mich fasziniert, dass Shaftesbury durch nichts außer seinen christlichen Glauben dazu gedrängt wurde, sich für Arme und Minderheiten einzusetzen. Er selbst lebte privilegiert, aber er wollte das nutzen, um die Welt wirklich zu einem besseren Ort zu machen. Nach seiner ersten Rede als Parlamentarier, in der er sich für eine menschlichere Behandlung von Patienten in “Irrenhäusern” starkmachte, schrieb er in sein Tagebuch: „So war mein erstes Bemühen, mit Gottes Segen, die Förderung des menschlichen Glücks. Möge ich mich stündlich verbessern!“
Shaftesbury wird oft als einer der einflussreichsten Sozialreformer des viktorianischen Zeitalters angesehen und hinterließ ein bedeutendes Erbe in Bezug auf die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der unteren Schichten.

MITSTREITER

Was andere machen

Gemeinsam mit Prometheus gibt die Tax Foundation jedes Jahr eine deutsche Sonderauswertung ihres Index der internationalen Steuerwettbewerbsfähigkeit heraus. In der jetzt erschienenen elften Ausgabe liegt Deutschland weiterhin im Mittelfeld: auf Platz 16 von 38 OECD-Ländern. Leichte Verbesserung brachte das neu eingeführte Wachstumschancengesetz. Estland landet erneut auf Platz 1und auch die Schweiz belegt einen der vorderen Plätze.
Insbesondere in Bezug auf Unternehmenssteuern steht Deutschland sehr schlecht da und erreicht nur Platz 31.  Die Auswertung kommt zu einem Urteil: „Gerade angesichts der großen wirtschaftlichen Probleme ist die Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Deutschland dringend geboten.“

Heimat der Freiheit

Neuigkeiten von uns

Diese Woche fand in der Heimat der Freiheit das zweite Hekaton Bootcamp statt. Unsere neuen Hekaton Fellows Bart Urban, Benjamin Scherp und Dominik Steffens entwickelten eine Woche lang ihre Projekte mit Unterstützung unseres Teams und unserer Freunde weiter.
Bart mit dem Videoprojekt „The Aestethic Citiy“ und Benjamin und Dominik mit dem Podcast „based.“  sind im medialen Bereich unterwegs. Deshalb nutzen wir die Synergien, die da möglich werden auch, um ein Studio zu errichten, an dem die beiden Teams und Prometheus beteiligt sind. Mit der Einrichtung des Studios, das 20 Gehminuten von Prometheus entfernt liegt, haben wir diese Woche bereits begonnen.
Wir freuen uns darauf, die Fellows die nächsten drei Monate intensiv zu begleiten und mit anzusehen, wie ihre Projekte und unser gemeinsames Studio wachsen werden!