Neue Prometheus-Studie – Mileis Reformen – Tech-Milliardäre – Merz als Bettvorleger – Luigi Einaudi
- by Anouk
Die wirtschafts-, fiskal- und sozialpolitischen Linien, die sich in den derzeitigen Koalitionsverhandlungen abzeichnen, können einem Drehschwindel verursachen. Die Rentenkatastrophe könnte nicht nur ignoriert, sondern verschlimmert werden. Möglicherweise wird das private Sparen zum Ausgleichen dieser Katastrophe noch schwerer gemacht durch Steuerbelastungen. Der gordische Bürokratieknoten wird viel bejammert…
ANSICHT

Was uns bewegt
Die wirtschafts-, fiskal- und sozialpolitischen Linien, die sich in den derzeitigen Koalitionsverhandlungen abzeichnen, können einem Drehschwindel verursachen. Die Rentenkatastrophe könnte nicht nur ignoriert, sondern verschlimmert werden. Möglicherweise wird das private Sparen zum Ausgleichen dieser Katastrophe noch schwerer gemacht durch Steuerbelastungen. Der gordische Bürokratieknoten wird viel bejammert, wird aber vermutlich, wie schon unter der Ampel, nur bisweilen mal mit einer Nagelfeile bearbeitet. Und ob Bundeswehr, Infrastruktur und Mittelstand wirklich die Befreiungsschläge bekommen, die sie bräuchten? Derzeit sieht es deutlich nach einem Weiterwurstelsalat aus.
Und ganz viele sind völlig entgeistert. Merz hatte doch ein ganz anderes Bild gezeichnet. Der knallharte Mann aus der Wirtschaft. Der Anti-Merkel. Der Sehnsuchtstraum mehrerer Generationen von Junge Union-Mitgliedern. Was viele in ihrem Lechzen nach Veränderung womöglich übersehen haben: Den sie für einen Tiger hielten, war schon als Bettvorleger gestartet. Erst im dritten Anlauf hatte Merz den Parteivorsitz errungen. Eine der ersten Maßnahmen in diesem Amt war die Einführung einer Frauenquote für die Union. Und so richtig Schwung bekam er aus dem Ampel-Chaos der letzten Jahre auch nicht heraus. Es hat schon seinen Grund, dass erfahrene Unions-Schlachtrösser die letzten zwei Jahre Distanz zu Merz gehalten hatten.
Am Ende aber kann der womöglich bedauernswerte Friedrich Merz auch gar nicht einmal so viel für die verbitterte Enttäuschung, die sich derzeit in konservativen, bürgerlichen und marktwirtschaftlichen Kreisen breitmacht. Denn der Kern des Problems ist (und bleibt) die irrationalen Erwartungen, die in Politiker gesetzt werden. Auch nach rund 100 Jahren moderner Massendemokratie haben die Menschen noch längst nicht gelernt, ein realistisches Erwartungsmanagment gegenüber Politkern zu etablieren. Wenn man das hinbekommt, tut auch die Ent-Täuschung nicht mehr so weh.
AUSBLICK
Was uns interessiert
Der Philosoph Julian F. Müller von der Universität Graz hat in der Sendung „Punkt eins“ des österreichischen Rundfunks ein rund einstündiges Interview zu der neuen Generation politisch prägender Persönlichkeiten in den USA gegeben. Er ordnet Gestalten wie Elon Musk und Peter Thiel ideengeschichtlich ein und zeigt, inwiefern der Libertarismus eine Rolle spielt bei Problemwahrnehmungen und Lösungsvorschlägen, und wo er auch nur noch eine äußere Hülle für inzwischen ganz anders gelagerte Überzeugungen ist. Eine außerordentlich hörenswerte Sendung, auch wenn der Stil des Gastgebers Philipp Blom das Hörvergnügen etwas schmälert.
WELTBEWEGER

Wer etwas bewirkt
Als sich 1947 eine Reihe von liberalen Intellektuellen am Fuße des Mont Pélerin trafen, war man noch ein Häuflein von Idealisten, die nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs und des globalen Totalitarismus einen Weg in die Freiheit suchen. Schon bald darauf stießen aber zwei Personen hinzu, die durch die Umstände in bedeutsame politische Ämter gespült worden waren. Beide waren von herausragender Bedeutung für den Aufbau eines freiheitlichen Gemein- und Staatswesens in den beiden Ländern, die den Faschismus hervorgebracht und groß gemacht hatten. In Deutschland war das Ludwig Erhard und in Italien Luigi Einaudi (1874-1961). Einaudi war im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts ein typischer öffentlicher Intellektueller. Der zunächst noch pragmatische Sozialist lehrte Finanzwissenschaften in Turin und Mailand, schrieb für renommierte Zeitungen und wurde 1919 in den italienischen Senat berufen. So sehr er sich schrittweise dem Sozialismus abwandte, umso deutlicher noch positionierte er sich gegen den aufkommenden Faschismus.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er Gouverneur der italienischen Zentralbank und Abgeordneter in der verfassungsgebenden Versammlung. 1948 wurde er zum italienischen Staatspräsidenten gewählt. Wie viele aus der Gründergeneration der Mont Pélerin Society war Einaudi durch den Horror des Totalitarismus zu einem erheblichen Staatskeptiker geworden. Mit großer Leidenschaft kämpfte er publizistisch und in der Gestaltung des neuen italienischen Staates dafür, diesem Gebilde möglichst enge Grenzen zu setzen. Er gehörte aus dieser Überzeugung heraus auch zu den großen Vorkämpfern eines vereinten Europas. Und das in einer Weise, die gerade in unserer Zeit wieder wegweisend sein könnte: Ein schrankenloser Binnenmarkt sollte für Wohlstand und Frieden sorgen. Dezentralismus, Wettbewerb und Subsidiarität sollten leitende Prinzipien aller staatlichen Organisationen sein. Und eine starke gemeinsame Verteidigung sollte Europa auf Augenhöhe mit den amerikanischen Verbündeten bringen, während es sich vor allem der kommunistischen Bedrohung mit Wucht entgegenstellen könne. Hätte man sich an die Grundsätze Einaudis gehalten, stünde Europa heute anders da. Für eine Orientierung in diesen Zeiten sollten wir uns vielleicht auch einmal dem begeisterten Hobbywinzer aus dem Piemont zuwenden.
MITSTREITER
Was andere machen
Marius Kleinheyer und Gunther Schnabl vom Flossbach von Storch Research Institute haben sich in einer Studie für cesifo eingehender mit der Reformpolitik von Javier Milei beschäftigt. Dabei stellen sie, auch in Übereinstimmung mit Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds, heraus, wie bedeutsam die Inflationsbekämpfung und die Haushaltskürzungen für das nun einsetzende erhebliche Wachstum der Wirtschaft gewesen sind.
Heimat der Freiheit
Neuigkeiten von uns
Bei dem Institut für Demoskopie Allensbach haben wir im letzten Herbst eine Umfrage in Auftrag gegeben, die dem Freiheitsverständnis vor allem junger Menschen in unserem Land auf den Grund gehen soll. Die Ergebnisse sind nicht rosig.
Die Prometheus-Studie zeigt, dass viele Junge möglichst viel Verantwortung für die eigene Lebensführung an den Staat abtreten wollen. So verlangt beispielsweise mehr als die Hälfte der Befragten 16- bis 29jährigen, dass ungesunde Lebensmittel durch den Staat verboten werden sollten. Knapp 41 Prozent wollen vom Staat, dass er Verantwortung für eine ausgewogene Medienberichterstattung übernimmt.
Doch wie soll eine Gesellschaft funktionieren, deren Mitglieder sich nicht einmal zutrauen, gesund einzukaufen und selbstbestimmt ihre Information und Meinungsbildung zu gestalten? So tief wie das Misstrauen sich selbst gegenüber sitzt dagegen das Vertrauen in einen wohlmeinenden Staat. So sagen beispielsweise nur ganze 34 Prozent der Jungen, dass Unternehmen besser als der Staat wüssten, welche Produkte die Menschen bräuchten. Nur rund ein Viertel der Befragten 16- bis 29jährigen tun kund, sie würden am liebsten selbstständig arbeiten, alle anderen wären lieber Angestellte oder Beamte.
Die Umfrage wurde von dem Cottbuser Ökonomen Prof. Jan Schnellenbach und seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Max Zombek in einem Kurzgutachten eingeordnet und ist auf unserer Website einsehbar.